Das Kulturzentrum Bremgarten KuZeB – ältestes autonomes Kulturhaus ohne öffentliche Gelder

von Patrick Zehnder, Autor und Co-Projektleiter

 

In den frühen 1980er-Jahren fegten die bisher letzten Jugendunruhen über die Schweiz. «Wir wollen alles und zwar subito!» und «Weg mit den Alpen, freie Sicht aufs Mittelmeer!» lauteten zwei der ebenso radikalen wie kreativen Slogans der «Zürcher Bewegig», die auch den Aargau erreichte. Nur knapp zehn Jahre später erscholl quer durch den Aargau erneut die Forderung nach selbst verwalteten Freiräumen. Im Herbst 1992 besetzten in Rheinfelden zwei Dutzend Jugendliche die Villa Salve, einst das Wohnhaus des Brauereidirektors von Feldschlösschen. In der «Villa Kunterbunt» benannten Liegenschaft planten sie ein «kreatives Wohn- und Kulturzentrum». Nach der polizeilichen Räumung erfolgte der Abbruch im Frühjahr 1995. Im Herbst gleichen Jahres besetzte in Aarau eine deutlich grössere Gruppe kurzzeitig das ehemalige Fabrikationsgebäude der Firma Elcalor AG. Auf ein Ultimatum folgten Demonstrationen, Sitzstreiks und die Besetzung des leer stehenden Bürogebäudes des Chemieunternehmens Elfa AG, das sofort von der Polizei geräumt wurde.

 

Die Anfänge des Kulturzentrums Bremgarten, kurz KuZeB, gehen bereits auf den Sommer 1990 zurück. Damals besetzte eine Handvoll junger Leute die ehemalige Kleiderfabrik Meyer & Co., um in den seit Längerem leer stehenden Räumlichkeiten ihre Utopie einer selbst verwalteten, gerechten Gemeinschaft mit einem selbstbestimmten Kulturprogramm zu verwirklichen. 1992 fanden die Besetzerinnen und Besetzer eine Lösung mit den Besitzern, den Gebrüdern Guido und Max Meyer, und mieteten als Verein fortan die alte Fabrik. Nach Eigendefinition handelt es sich beim KuZeB um das älteste, autonome Kulturhaus der Schweiz, das gänzlich ohne öffentliche Förderung auskommt.

 

Seither organisierten Freiwillige Hunderte von Konzerten und Veranstaltungen, zu denen jeweils bis 300 Personen aus dem Einzugsgebiet bis Baden und Brugg kamen. Konflikte mit der Nachbarschaft und den Stadtbehörden waren unausweichlich, ständiger Dialog der Weg zur Problemlösung. Auch geriet das KuZeB verschiedentlich ins Visier der Polizei, wegen Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz, Nachtruhestörung oder weil sich Personen, nach denen gefahndet wurde, dort aufhielten. Abgesehen von Bar, Café, Kino, Ateliers, Sporträumen und Spielecke entstanden im Laufe der Jahre die vegane «Volxküche» und die gut sortierte «Läsothek». Das KuZeB verstand sich zeit seines Bestehens als Gegenpol zur rechtsextremen Bewegung, die in den frühen 1990er-Jahren auf dem Mutschellen bestand.

Aus der Frühzeit des KuZeB bestehen interessante Filmdokumente. 1992 berichtete das Regionalfernsehen namens Rüsler TV zweimal über das Kulturzentrum und leuchtete im Gespräch mit Aktivisten und Exponenten der Stadt Bremgarten die verschiedenen Interessen aus. Aus ungefähr derselben Zeit stammen Aufnahmen von KuZeB-TV, die von Konzerten in den alten Kleiderfabrik gemacht wurden. Besondere Beachtung verdienen die Gespräche mit den Bands – es sind schöne Zeitzeugnisse!

Blick in das Fabrikkafi und in den Konzertkeller des KuZeB.